VOIGTLÄNDER, Peter Wilhelm Friedrich
* 10. 8. 1812, Wien, Österreich
† 7. 4. 1878, Braunschweig, Deutschland
Optiker, Unternehmer
Als Sohn eines Wiener Optikers und Mechanikers lernte V. gemäß der Familientradition nach dem Besuch der Volks- und Hauptschule in der 1756 gegründeten väterlichen Werkstätte. Begleitend erfolgte ab 1826 eine theoretische Ausbildung am Polytechnischen Institut in Wien und nach Beendigung von Lehre und Studium eine größere Europareise. Zurückgekehrt stellte er 1834 im Wiener Prater einen „Dampfwagen“ zur Schau, der großes Aufsehen erregte und von 15.000 zahlenden Besuchern bestaunt wurde.
Als im Jahre 1839 die Daguerreotypie ihren Siegeszug von Frankreich aus antrat, bestand ein gravierender Mangel dieses frühen fotografischen Verfahrens in der langen Belichtungszeit. Noch im selben Jahr begann der aus Ungarn stammende Mathematiker Jozef Maximilián →Petzval eine lichtstarke Fotolinse zu berechnen. Durch Vermittlung des Wiener Physik- und Mathematikprofessors Andreas von Ettingshausen (1796-1878) wurde der 27jährige Optiker V. mit der technischen Ausführung der Linsenkonstruktion beauftragt. Er übernahm auch die Rechenarbeit hinsichtlich des benötigten Glases. Bereits im Mai 1840 wurde das →Petzval-V.-Porträtobjektiv fertig gestellt. Es bestand aus vier Linsen, die zwei durch einen größeren Luftabstand voneinander getrennte Paare bildeten. Diese auf dem Satzgedanken basierende Konstruktion ging weiters davon aus, dass das achromatische Vorderglied I (Doppellinse) mit zwei verschiedenen Hintergliedern II und III verbunden wurde. I und II bildeten dabei die weltberühmte →Petzval’sche Bildnislinse. V. entwickelte nun ein „Versuchsobjektiv“, das vorerst nur an einer einfachen konischen Kamera aus Pappe angebracht wurde. Dieses neue Porträtobjektiv hatte die sensationelle Lichtstärke von 1:3,7 und setzte damit die Belichtungsdauer von bisher rund 15 Minuten auf 45 Sekunden herab.
Ende 1840 ging V. einen entscheidenden Schritt weiter und entwickelte die erste Metallkamera der Welt. Diese handliche Tischkamera, ganz aus Messing, wurde ab Jänner 1841 zum Verkauf angeboten. Laut Firmenaufzeichnungen sollen bereits 1842 rund 600 dieser Kameras verkauft worden sein. Da „V. & Sohn“ in vielen Städten der alten und neuen Welt ihre Agenturen errichtet hatten, erreichte die Firma eine Ausdehnung, die bald die Gründung einer zweiten Fabrik notwendig machte. Aus wirtschaftspolitischen Überlegungen war V. daran interessiert, diese neue Produktionsstätte in Deutschland zu errichten. Die Wahl viel auf die Stadt Braunschweig, aus der seine zweite Frau stammte. 1849 erfolgte die Übersiedlung nach Braunschweig, während die Leitung der Wiener Werkstätte dem verdienten Mitarbeiter Anton Friedrich übergeben wurde. Als dieser 1868 verstarb, entschloss sich V. das Geschäft in Wien aufzulassen.
In den 1860er Jahren erreichte die Entwicklung des Unternehmens „V. & Sohn“ ihren Höhepunkt. So konnte 1862 die Herstellung des 10.000. Objektivs in Braunschweig gefeiert werden. Aus den zahlreichen Stiftungen V.s ist vor allem jene zur Förderung der Fotografie, die alljährlich in Form von 200 Gulden von der Österreichischen Photographischen Gesellschaft vergeben wurde, zu erwähnen.
1866 verlieh Kaiser Franz Joseph I. an V. unter Hinweis auf dessen Verdienste um die österreichische Wirtschaft und Industrie den Franz-Joseph-Orden. Zwei Jahre später zeichnete ihn der Kaiser mit dem Orden der Eisernen Krone III. Klasse aus, was gleichbedeutend mit der Erhebung in den erblichen Ritterstand war. V. war zweimal verheiratet und Vater von vier Söhnen und zwei Töchtern. 1896, zwei Jahre vor seinem Tod, bereits von Krankheit schwer gezeichnet, übergab er die Firmenleitung an seinen ältesten Sohn Friedrich Wilhelm Ritter von V. (1846-1924).