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BOLTZMANN, Ludwig Eduard

* 20. 2. 1844, Wien, Österreich
† 5. 9. 1906, Duino bei Triest , Italien

Physiker, Mathematiker, Wissenschaftstheoretiker

B.s Vater war zuletzt Finanzbezirkskommissär in Linz und starb bereits 1859. Seine Mutter entstammte der angesehenen Salzburger Handelsfamilie Pauernfeind. Nachdem B. 1863 am Linzer Akademischen Gymnasium mit Auszeichnung maturiert hatte, studierte er an der Universität Wien Physik und Mathematik. Zu seinen Lehrern an der Universität zählten Jozef Maximilián →Petzval, Andreas von Ettingshausen, Johann Joseph Loschmidt und vor allem Jožef →Stefan, der ihn mit der damals hochaktuellen Elektrodynamik Maxwells und der Atomistik vertraut machte. Noch als Student veröffentlichte B. zwei wissenschaftliche Arbeiten, von denen die zweite bereits das Thema seines späteren Lebenswerkes, die mechanische Bedeutung des zweiten Hauptsatzes der Wärmelehre behandelte. Zu diesem Thema dürfte er auch Anregungen von Loschmidt bekommen haben. 1867, ein Jahr nach Abschluss seines Studiums, wurde er Assistent bei →Stefan am Physikalischen Institut und 1868 Privatdozent für Mathematische Physik. Bereits 1869 wurde der 25jährige B. ordentlicher Professor für Mathematische Physik an der Universität Graz.
Im Unterschied zu seinen Lehrern bemühte sich B. sogleich internationale wissenschaftliche Kontakte zu knüpfen. Bereits im Sommersemester 1870 reiste er zu Robert Wilhelm Bunsen und Gustav Robert Kirchhoff nach Heidelberg und 1871/72 arbeitete er einige Monate am Laboratorium von Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz in Berlin. Dort begann er seine experimentellen Bestimmungen der Dielektrizitätskonstante von Isolatoren, die eine der ersten experimentellen Bestätigungen von Maxwells elektromagnetischer Lichttheorie darstellten.
Im Jahre 1872 stellte B., von statistischen Betrachtungen Maxwells ausgehend, eine Transportgleichung für die Verteilungsdichte der Moleküle idealer Gase auf. Mit dieser Gleichung untersuchte er den Übergang der Gase von Nichtgleichgewichtszuständen zum thermodynamischen Gleichgewicht. Heute wird diese Gleichung allgemein Boltzmanngleichung genannt. In derselben Arbeit formulierte er sein berühmtes H-Theorem, worin H den Mittelwert des Logarithmus der Verteilungsdichte der Gasmoleküle im so genannten μ-Raum, der durch die drei Ortskoordinaten und die drei Geschwindigkeitskomponenten eines charakteristischen Moleküls aufgespannt wird, bedeutet. Die Größe H ist bis auf das Vorzeichen das statistische Analogon der thermodynamischen Entropie S des Gases.
Darum nannte B. diese Größe auch ursprünglich E bis dieser Buchstabe um 1895 für die Energie gebräuchlich wurde. Das H-Theorem besagt, dass das aus der Verteilungsdichte des Gases f(x, v, t) gebildete Funktional H = ∫ d3 x d3 v f(x, v, t) log f(x, v, t) unter der statistischen Voraussetzung, dass die Geschwindigkeiten v der einzelnen Gasmoleküle zu Anfang nicht korreliert sind (Hypothese des molekularen Chaos), mit der Zeit t stets abnimmt oder höchstens gleichbleibt, wenn H sein Minimum erreicht hat. Es ist dies das genaue Analogon des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik, der besagt, dass die Entropie eines abgeschlossenen Systems solange zunimmt, bis das thermodynamische Gleichgewicht erreicht ist. Damit konnte B. den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik mechanisch deuten und den ursprünglich nur für Gleichgewichtszustände definierten Entropiebegriff auch auf Nichtgleichgewichtszustände erweitern. Die so definierte Nichtgleichgewichtsentropie wird „Boltzmannentropie“ genannt. Weiters konnte B. zeigen, dass die Größe H für ideale Gase im thermodynamischen Gleichgewicht genau dem Negativen der Entropie des Gases proportional ist.
1873 bis 1876 wirkte B. als Ordinarius für Mathematik an der Universität Wien, kehrte aber 1876 als Nachfolger A. Toeplers und Direktor des Physikalischen Instituts der Universität wieder nach Graz zurück. Angeregt durch den Umkehreinwand seines Freundes Johann Joseph Loschmidt verallgemeinerte er seine statistischen Betrachtungen zur Wärmetheorie und postulierte 1877, dass die Entropie eines thermodynamischen Systems dem Logarithmus der Zahl W der Realisierungsmöglichkeiten des durch die makroskopischen Variablen Druck, Temperatur, Volumen etc. gegebenen Makrozustandes des Systems durch die vielen verschiedenen Mikrozustände proportional ist; in M. Plancks Notation S = k log W. Dieser fundamentale Zusammenhang, den man der Statistischen Mechanik zugrunde legen kann, wurde 1905 von Albert Einstein „Boltzmann’sches Prinzip“ genannt. Da die Zahl der Realisierungsmöglichkeiten eines Makrozustandes seiner Wahrscheinlichkeit proportional ist, erklärt dieses Prinzip das Anwachsen der Entropie anschaulich als Übergang von den sehr unwahrscheinlichen Nichtgleichgewichtszuständen zu den unvergleichbar wahrscheinlicheren Gleichgewichtszuständen.
1890 verließ B. Graz und lehrte theoretische Physik in München, bis er 1894 als Nachfolger →Stefans wieder an die Universität Wien zurückkehrte. Dort blieb er dann bis auf eine kurze Unterbrechung (1900 bis 1902 in Leipzig) und übernahm 1903 bis 1906 zusätzlich zu seiner Lehrverpflichtung in der Physik auch noch Vorlesungen über Naturphilosophie. Diese Vorlesungen hatte von 1895 bis 1898 Ernst →Mach gehalten. In diesen Vorlesungen entwickelte Boltzmann von der Ontologie der Atomistik ausgehend bereits die wichtigsten Gesichtspunkte der so genannten Evolutionären Erkenntnistheorie.
Schon nach dem Tod seiner Mutter 1885 litt B. erstmals an einer Depression, die ihn 1888 veranlasste, seine bereits durch den deutschen Kaiser erfolgte Ernennung als Nachfolger Kirchhoffs in Berlin wieder zurückzulegen. Auch in Leipzig war er von dieser Krankheit heimgesucht worden.
Anschließend wechselten Perioden höchster geistiger Aktivität mit Perioden tiefer Depressionen. Die Überarbeitung als Folge der umfangreichen Lehrverpflichtung und die Anstrengungen seiner dritten Amerikareise (1899, 1904 und 1905) verschlechterten seinen Gesundheitszustand schließlich so sehr, dass er 1906 den Freitod wählte.
B. ist einer der Begründer der statistischen Physik und seine Untersuchungen bahnten den Weg zum Umbruch in der Physik zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Plancks Quantenhypothese von 1900 baute auf Boltzmanns Arbeiten auf und B. hatte sogar Planck kurz zuvor geraten, seine statistische Methode anzuwenden. Der junge Einstein lieferte 1905 eine Theorie der Brownschen Bewegung, die zur quantitativen Bestätigung von B.s statistischen Schwankungen führte. Neben den oben bereits angeführten Arbeiten B.s sind noch seine Theorie der elastischen Nachwirkung von 1876 sowie die 1887 formulierte Ergodenhypothese und seine theoretische Herleitung des „Stefan-Boltzmann’schen-Gesetzes“ (1884) besonders hervorzuheben. In seiner Wissenschaftstheorie verwendete er die sprachkritische Methode und hatte nach Ludwig Wittgensteins eigener Aussage großen Einfluss auf diesen.
Weiters kann er, wie auch von Karl Lorenz und Karl Popper bestätigt wurde, als Vorläufer der evolutionären Erkenntnistheorie bezeichnet werden. Seine Verteidigung des Atomismus gegen die Positivisten und Phänomenalisten kann als hypothetischer Realismus klassifiziert werden.

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