PRECHTL, Johann Joseph von
* 16. 11. 1778, Bischofsheim bei Fulda , Deutschland
† 18. 10. 1854, Wien, Österreich
Technologe
Durch seine Funktion als Gründer und erster Direktor des Polytechnischen Instituts in Wien gilt P. als Wegbereiter der technischen Ausbildung in Österreich.
Er wurde 1778 als drittes Kind von Johann Bartholomäus Friedrich P. und dessen Ehefrau Anna Maria Brunner geboren. Sein Vater war Faktor einer fürstlich würzburgischen Eisenschmelze in Bischofsheim bei Fulda und seit 1785 Stadtschreiber in Stadtlauringen. Nach dem Gymnasium studierte P. von 1796 bis 1801/02 in Würzburg Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaften. 1802 ging er nach Wien, um beim Reichshofrat zu praktizieren, nahm aber bereits Anfang 1803 eine Stellung als Hofmeister und Erzieher beim Reichsgrafen Johann Taaffe in der Nähe von Brünn/Brno an.
Hier schrieb er die humanistisch geprägte, pädagogische Arbeit „Ueber die Fehler in der Erziehung“ (1804). In Brünn/Brno lernte P. in diesen Jahren den Naturforscher Christian André, dessen Tochter Rosa er 1809 heiratete, und Hugo Graf Salm-Reifferscheidt, den Besitzer des Gusswerkes in Blansko und der Zuckerfabrik in Raitz, kennen. Zwischen 1811 und 1823 werden dem Ehepaar P. insgesamt neun Kinder geboren.
Im selben Jahr 1809 erreichte ihn in Brünn/Brno der Ruf Kaiser Franz II., in Triest/Trieste/Trst eine Realakademie einzurichten und deren Organisation und Leitung zu übernehmen. Doch bevor er diese Stellung de facto antreten konnte, musste Triest/Trieste/Trst im Oktober 1809 im Frieden von Schönbrunn abgetreten werden. Zurückgekehrt nach Wien unterrichtete P. von 1810 bis 1814 an der Realschule St. Anna Naturlehre, Chemie und Physik sowie Färberei und Kattundruckerei. In diese Zeit der Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen und technischen Fächern fiel auch die Beauftragung P.s mit den vorbereitenden Arbeiten für das zu gründende Polytechnische Institut in Wien, nachdem er 1810 dem Hofkammerpräsidenten einen ersten Entwurf eines Organisationsplans überreicht hatte.
Gegen den Widerstand von Franz Joseph →Gerstner in Prag/Praha erreichte er im Dezember 1814 die Ernennung zum ersten Direktor des Polytechnischen Instituts, wo im November 1815 der Vorlesungsbetrieb begann. P.s wichtigste Leistung bestand in der Formulierung und Durchsetzung des 1817 genehmigten Hauptorganisationsplans des Instituts, dem Vorläufer der heutigen Technischen Universität. Zentrale Idee für den Schulbetrieb war die „Freiheit der Lehre“. Mit Karl →Karmarsch und Ferdinand →Redtenbacher, die nach ihrem Studium in Wien als Schulgründer nach Hannover und Karlsruhe berufen wurden, war die von P. entscheidend geprägte Wiener Schule der Technologie auch im Ausland wirksam.
Als Direktor gab P. von 1819 bis 1839 zwanzig Bände der „Jahrbücher des k.k. Polytechnischen Institutes in Wien“ und als Wissenschafter zwischen 1830 und 1854 in ebenfalls zwanzig Bänden die „Technologische Encyklopädie“, eines der wichtigsten Nachschlagewerke zur Technik der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, heraus. P. war auch praktisch tätig und führte gemeinsam mit Johann Arzberger 1816 im Institut die Steinkohlen-Gasbeleuchtung ein. 1823 präsentierte er ein neuartiges, tragbares Luftdruck-Höhenmessgerät (Baroskop).
P. war Gründungsmitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien (1847) und wurde 1849, anlässlich seiner Pensionierung als Direktor, in den Ritterstand erhoben.